Mittendrin Statt Nur Dabei: Ein Spaziergang bei uns im Wohnzimmer
Wir sind laut wie eine Horde Elefanten und strotzen nur so vor Tatendrang, Kreativität und Wohlwollen, können aber auch leise, reflektiert und besonnen. Mit viel Charme und stets einem Lächeln im Gesicht gehen wir die Dinge an.
Dabei sind wir vor allem eines - unterschiedlich. Und wir wachsen stetig an. Mit dem Wachstum werden Tugenden wie Toleranz, Freiheit und gegenseitiges Verständnis nicht nur groß geschrieben, sondern werden direkt als H1 auf unsere Fahne gedruckt (die SEO-Relevanz versteht sich von selbst).
Fragen, wie wie viel Uniformität nötig ist, um Prozesse zu sichern und wie viel Freiraum bestehen bleiben muss, um jedem Mitglied die nötige Luft zum Atmen zu geben und den Individualismus zu stärken, treten an die Oberfläche.
Inhalt:
Gemeinsam Chef: Unsere Grundprinzipien für selbstorganisiertes Arbeiten
Das ist in anderen Unternehmen vielleicht nicht einmal diskussionswürdig, da wir aber selbstorganisiert sind und nach Teal arbeiten, erfahren wir aus erster Hand was es heißt, gemeinsam Chef zu sein. Das bekannte Machtwort wird hier teilweise von 10 verschiedenen Personen gesprochen und da dies zuweilen in einem Stimmengewirr geschieht, versteht man in den ersten paar Sekunden genau das; rein gar nichts.
Das hört sich im ersten Moment ganz schön wild an, aber genau so ist es. Jede*r darf und sollte sich einbringen, mitbestimmen und vor allem mitgestalten. Jedoch gibt es neben all der Selbstbestimmtheit Grundprinzipien auf die wir uns (ebenfalls in einem heißdiskutierten Meeting) geeinigt haben.
Unter den Dauerbrennern sind offene und gewaltfreie Kommunikation, das Advice Principle sowie den geeigneten Ort, um Spannungen zu verarbeiten (und wir sprechen hier nicht vom Massagetempel ums Eck).
Auf unserem Weg haben wir Dinge teilweise schmerzhaft, teilweise federleicht erfahren, die unsere tägliche Arbeit und unser Miteinander gestalten:
Zwei unserer Unternehmenswerte sind "Openness" und "Trust". Beide Werte sind Teil unseres Fundaments und die Kultur der „offenen und Gewaltfreien Kommunikation“ entspricht dem alles zusammenhaltenden Zement. Dabei streben wir die Philosophie von Marshall B. Rosenberg an. Man muss jedoch fairerweise betonen, dass unser Kenntnisstand im Umgang mit Gewaltfreier Kommunikation von „mal gehört“ bis zu „absolute*r Expert*in variiert. Nichtsdestotrotz erhalten wir punktierte Schulungen, die uns Rosenbergs Ansatz näherbringen und sind angehalten, im selbstbestimmten Maß auch darüberhinaus mit dem Thema in Berührung zu kommen.
Gewaltfreie Kommunikation: Das Rezept einer unerschütterlichen Basis
Nicht zuletzt beginnen viele unserer Meetings mit „Ich fühle“ oder „Ich habe das Bedürfnis, dass“ und enden mit Bewunderung des gesamten Teams. 10 Punkte für Ehrlichkeit. In unserem Montagmorgen-Meeting widmen wir die ersten 10 Minuten einer kurzen Reflexionsphase, die uns ermöglicht, unser Wohlbefinden sowie unsere Erlebnisse des vergangenen Wochenendes zu teilen. Dabei ist von einsilbigen Sätzen wie „Gut“ über zweiminütige Monologe alles dabei. Man erfährt was Netflix so zu bieten hat, wie das Wetter in Brasilien gerade ist, was Neues am Wochenende ausgetüftelt wurde, welche Gegenden innerhalb Deutschlands gerade noch bereisbar sind, wie es dem Seelenleben geht oder wie unverhohlen am Wochenende über den Durst getrunken wurde.
Alles ist erlaubt und alles wird von erstaunten Gesichtern herzlich begrüßt. Diese kurze Einstimmungsphase schafft die Grundlage und den Ton für unser Montagmorgen-Meeting, in welchem wir über unsere Projektpipeline sprechen. Das Wohlbefinden des Einzelnen und der gesamten Mannschaft bildet unserer Meinung nach das Grundgerüst für eine erfolgreiche Arbeit.
Gewaltfreie Kommunikation: Wenn's doch mal knallt
Es kommt auch bei uns zu Meinungsverschiedenheiten, denn „Flower Power“ und “Good Vibes Only“ kann es eben nicht jeden Tag geben. Jedoch ist uns der nachhaltige Umgang mit diesen Konflikten und vor allem das Suchen eines direkten Gesprächs wichtig. Damit der Nährboden einer effektiven Aussprache bereitgestellt werden kann und dabei persönliche Angelegenheiten wie „Deine neue Frisur gefällt mir nicht“ oder „Die alte Brille sah besser aus“ nicht in den Kram kommen, halten wir es für sinnvoll, und wie soll es auch anders sein, über unsere Gefühle zu sprechen (Ihr seht schon, nichts anderes als eine (Gruppen-)Paartherapie).
Indem wir unseren eigenen Gefühlen gegenseitig Raum schenken und im gleichen Zug Verletzlichkeit zulassen, betreten wir gemeinsam eine andere Hemisphäre. Das Schenken von gegenseitigem Vertrauen sowie dem Zuhören und dem Versuch (wohlgemerkt, VERSUCH) wertfrei in ein Konfliktgespräch zu gehen, schaffen die Bereitschaft zur Veränderung und sorgen für gegenseitiges Verständnis. Wir verlassen sozusagen unseren Heimatplaneten, um uns auf einem anderen Planeten zu treffen (auf der Erde herrschende Gesetze werden schwerelos und lösen sich wie Instantkaffee - mal besser, mal klumpiger - auf). Diese gemeinsam Erfahrung der ehrlichen, offenen und Gewaltfreien Kommunikation hat schon so manche regenbehangene Wolke weggeblasen und der Sonne wieder neue Kraft geschenkt. Andererseits wissen wir alle, dass ein Regenbogen das Resultat aus Sonne und eben Regen ist.
Das schaffen einer gemeinsamen Basis vor Meetings ist uns auch in unseren Meta-Meetings wichtig, bei denen wir oft über sogenannte Spannungen sprechen. Klar, Ihr fragt Euch jetzt: „Was bitte?!“ Nein, Ihr habt Euch nicht verlesen, wir dealen hier mit Spannungen. Daniel, unser Initiator des spannungsbasierenden Arbeitens, musste uns zu Beginn auch versprechen, dass alles mal einfacher werden wird, wenn man nur durchhält. Also halten wir durch.
Spannungsbasiertes Arbeiten: Vielen Dank im Voraus!
Bevor wir uns der selbstgemachten Elektrizität von /gebrüderheitz widmen, ist es uns wichtig eine gemeinsame Basis zu schaffen. Das gelingt uns am besten beim Dankesagen. Unsere Kudosrunde an einzelne Kolleg:innen sowie Projektteams ist der passende Zeitpunkt dafür. Es lassen sich kleine und große Dankbarkeiten finden, wie grundsätzliche Unterstützung bei Fragen, das Regeln von unangenehmen meist selbst reinmanövrierter Situationen, aber auch das Übernehmen von einzelnen Aufgaben. Durch das (Mit-)Teilen von Erlebnissen und bestimmten Aktionen von Teammitgliedern kommen wir uns alle wieder näher, erhalten Information über die einzelnen Projekte und halten uns vor Augen was wichtig ist: das Team. Mit weit aufgerissenen Augen erklär ich Euch jetzt wie bei uns spannungsbasiert gearbeitet wird:
Spannungsbasiertes Arbeiten: So wird's gemacht
Jedes Teammitglied, das etwas auf der Leber hat, kann dies während unseres Meta-Meetings ansprechen. Dabei wird diese Spannung vor dem Meeting festgehalten, für alle einsehbar gemacht und das Bedürfnis angemerkt. Es lassen sich z.B. folgende Bedürfnis-Kategorien finden:
- „Ich möchte etwas mit dem Team teilen“,
- „Ich brauche Informationen“ oder
- „Ich möchte unsere Struktur weiterentwickeln“.
Danach stellt, im besten Fall die spannungsgeladene Person, auch gleich ihren Lösungsansatz vor und eigentlich sollte, je nachdem, welchen Bereich die Spannung angepasst haben möchte, die eingereichte Spannung im Advice- oder Konsentmodus durchgearbeitet werden. Ehrlicherweise muss ich Euch gestehen, dass sich auch hier wieder ein /gebrüderheitz-spezifisches-Vorgehen eingebürgert hat und wir uns derzeit in der Mitte zwischen Wildem Westen und öffentlicher Behörde eingependelt haben. Wir haben also für uns den richtigen Rhythmus gefunden.
Dieser Rhythmus ist natürlich von den einzelnen Teammitgliedern abhängig und stellt nur eine Momentaufnahme auf einer Reise dar. Unser Verfahren lässt also kleinere Diskussionen innerhalb der Gruppe zu, jedoch ist das Erarbeiten von Lösungen in Kleingruppen, die wir Task Force nennen, ein wichtiger Schritt, um das Besprochene auch in Taten umzuwandeln.
Spannungsbasiertes Arbeiten: Dank Niederlagen zum Ziel
Während wir zu Beginn über unsere Spannungen hinweg geswipt haben, als wären wir auf einer Singleplattform auf der Suche nach unserem Hauptgewinn, ist das Erarbeiten der aufgetretenen Spannungen und vor allem das Lösen in den Task Forces weitaus ertragreicher. Die daraus entstehenden Früchte werden dann zu geeigneter Zeit dem gesamten Team vorgestellt.
Klar gab es auch Stolpersteine. So viele, dass wir vor lauter Spannungen direkt verspannt wurden, aber auch hier hat sich ein wichtiger Baustein unserer Werte sichtbar gemacht: Learn to fail. Und jawohl, zu Beginn haben wir auch mal versagt. Aber rückblickend muss ich Euch gestehen, es war vielleicht ganz gut so. Wir kennen nun nämlich viele Wege, wie man es nicht tun sollte und haben Herangehensweisen entdeckt, die sich für uns bewahrheitet haben:
- Gliederung der einzelnen Spannungen in "Hat Zeit" und "Dringend"
- Mit konkreten Lösungsvorschlägen eine Spannung einbringen
- Bei abschweifenden Diskussionen abbrechen und eine eigene Task Force bilden
- Direkt eine Task Force bilden
- Geduldig zuhören
Leichter gesagt als getan bei unserer Rasselbande. Was dabei natürlich nicht unter geht, ist der Spaß. Allein die 15 unterschiedlichen Gesichtsausdrücken unseres zehnköpfigen Teams zu sehen ist vor allem eins: GOLDWERT.
Wie stellen wir nun aber sicher, dass wir Brücken bauen anstelle in Sackgassen zu enden? Dabei verlässlich zur Seite steht uns das - Advice Principle**.**
Unser starker und berechtigter Drang nach Freiheit mündet jedoch nicht in Strukturlosigkeit und Chaos, da uns eine enorm wichtige Richtlinie auf Kurs hält: Das Advice Principle tadaaaaa. Darunter versteht man das Einholen von Meinungen derjenigen, die durch eine Entscheidung direkt beeinflusst werden oder deren Auswirkung zu spüren bekommen sowie die Meinung von Expert*innen des jeweiligen Gebiets. Sinn und Zweck ist es, sich umfangreich über die möglichen Konsequenzen zu informieren, um verlässliche und vor allem akzeptable Entscheidungen zu treffen. Klingt plausibel, denkt ihr Euch jetzt. Sehen wir genau so, allerdings gestaltet sich die Praxis dann eben doch wieder etwas anders.
Advice Principle: Jede*r ist stimmberechtigt
Es ist schon eine Tatsache, dass wir irgendwie alle zu allem etwas zu sagen haben und auch ganz gerne mitmischen. Einer rührt, der andere gibt das Mehl dazu, der nächste schlägt die Eier auf, während die anderen den Backofen vorheizen. Ich kann Euch jetzt schon hören: „Viele Köche verderben den Brei“ - das ist möglich, wir backen ja aber Kuchen und machen keinen Brei. Es geht uns hier hauptsächlich um kleine informelle Absprachen, um niemanden in seiner Arbeitsweise einzuschränken oder zu behindern. Die subtile Art des Zwischendurch-Mal-Abcheckens innerhalb des betroffenen Teams, ob alle der super-duper-tollen-Wahnsinnsidee auch folgen können, holt uns wieder an einen Tisch und verleiht allen eines: eine Stimme.
Advice Principle: So flexibel wie wir wollen
Um die Flexibilität nicht leiden zu lassen oder gänzlich auszulöschen, muss eben nicht alles von allen gehört, verdaut und kommentiert werden, sondern nur von der Personengruppe, die es angeht und eben Expertise hat. Dadurch können wir z.B. einfach im Marketing- Circle (ich sehe Eure Augen funkeln, zu den Circles erfahrt Ihr demnächst mehr) mal hoppladihopp beschließen, dass ein Newsletter eine ganz tolle Sache wäre oder wir doch einen Podcast zum Thema Remote-Arbeit brauchen oder ich eben meinem Kommunikationsdrang freien Lauf lassen darf. Jeder, dieder natürlich nicht bei der Entscheidung dabei war, aber auch indirekt betroffen ist, darf natürlich ihre bzw. seine Meinung kundtun und wird auch angehört. Mehr kann man aber beim besten Willen nicht versprechen. ;)
Warum kein Chef? Hier der Grund
So, zu guter Letzt stellt sich natürlich die Frage, warum wir den ganzen Klimbim auf uns nehmen und nicht einfach hochdemokratisch beim Schere-Stein-Papier-Spielen einen Chef küren. Ganz einfach: Wollen wir nicht. Wir drehen lieber drei extra Runden, machen uns das Leben manchmal selbst verdammt schwer und kommen dann im Nachgang freudestrahlend dort an, wo wir hin wollen.
Und was wollen wir? Ist doch ganz eindeutig: Wir wollen tolle Produkte mit inspirierenden Kolleginnen und Kollegen entwickeln, die für unsere Partner*innen und Kompliz*innen einen Mehrwert schaffen und dabei auch noch hübsch aussehen.
Zum Wohle also des Unternehmens Heitz!
Abschlusskommentar der Autorin
Uns ist bewusst, dass wir uns auf einer Reise befinden. Eine Reise, die vielleicht auch niemals enden wird, weil auch bei uns nicht so recht das Ziel, sondern der Weg im Fokus steht. Dabei entdecken wir Abkürzungen, die uns schneller von Mannheim nach Freiburg bringen, nur um doch wieder nach Norddeutschland zu laufen. Wohl wahr, dass uns manchmal außer Fußschmerzen keine ehrbaren Errungenschaften gelingen, aber eins wird es nicht: langweilig.
Das war der erste Beitrag der Kolumne "Mittendrin Statt Nur Dabei", die erscheint, wenn sie eben da ist, mit Liebe und Salz abgeschmeckt und geht an alle, die sich dafür interessieren. So, wäre das auch geklärt! Wenn Ihr ein Thema habt, dass Euch unter den Nägeln brennt und nachts nicht schlafen könnt, weil Ihr unbedingt Antworten auf eine unsere Herangehensweisen möchtet, dann tut doch bitte eines: Schreibt uns einfach eine Mail an: kontakt@gebruederheitz.de Freuen tun wir uns immer, auch über ungefragtes Feedback. :)
Bis dahin, bleibt wohlauf!